Kryo-Elektronenmikroskopie von membrangebundenen Protein-Nanomaschinen

Forschungsziele des Kastritis-Labors für Biomolekulare Forschung

Enzymopathien sind Stoffwechselstörungen, die oft genetisch bedingt durch fehlende oder defekte Enzyme hervorgerufen werden. Damit solche defekten Enzyme verhindert, bekämpft oder repariert werden können, ist es wichtig, ihre Struktur, Funktion und Wechselwirkungen und die Komplexe, die sie bilden, idealerweise in ihrem nativen zellulären Kontext aufzuklären.

In ihrer nativen Zellumgebung sind Enzyme weder isoliert noch zufällig verteilt. Stattdessen ko-kompartimentieren sie und interagieren oft transient, um Superkomplexe (allgemein als Metabolon bezeichnet) zu bilden. Durch die Bildung eines Metabolons kann das Zwischenprodukt eines Enzyms direkt an die aktive Stelle des im Stoffwechselprozess nachfolgenden Enzyms weitergeleitet werden. Ihre Rolle und Existenz waren jahrelang biochemisch bekannt, aber aufgrund ihrer schieren Größe und transienten Natur bleibt die Aufklärung ihrer molekularen Organisation eine Herausforderung. Traditionelle Methoden der Strukturbiologie haben uns dabei geholfen, die Struktur und Funktion der einzelnen Enzyme zu verstehen, nicht aber ihre übergeordnete Anordnung und ihre Grenzflächenbildung aufgeklärt.

Mein Forschungsziel ist es, die molekulare Architektur von Metabolonen durch die Integration struktureller, biophysikalischer, biochemischer und bioinformatischer Methoden zu verstehen. Dieser multidisziplinäre Ansatz zielt darauf ab, die molekularen Mechanismen der Zellatmung in atomaren Details aufzuklären. Langfristig sollen mit diesen Methoden die wichtigen zellulären Metabolons erkannt, ihre Komponenten sichtbar gemacht und die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen, die diese Aggregate bilden, untersucht werden.

Diese Forschung wird letztlich nicht nur für die Zellatmung neue entscheidende Erkenntnisse liefern, sondern auch eine völlig neue Sichtweise auf die Zellmechanismen im Allgemeinen bieten. Das ungelöste Rätsel der zeitlichen und räumlichen Synchronisation einer Vielzahl von Protein-Untereinheiten zur Erfüllung einer bestimmten Zellfunktion kann durch die Bildung von Superkomplexen aufgeklärt werden. Diese beispiellosen Einheiten bieten einen völlig neuen Weg für ein gezieltes Wirkstoffdesign. Anstatt auf die aktiven Zentren der einzelnen Untereinheiten zu zielen, die viele physikalische und chemische Eigenschaften aufweisen und somit die Spezifität beeinträchtigen, stelle ich mir eine therapeutische Strategie vor, die auf die Schnittstelle zwischen Proteinen im Superkomplex abzielt, die wahrscheinlich einzigartig sind.

Abb. 1 Die Kombination von strukturellen, biochemischen und bioinformatischen Methoden ermöglicht das Verständnis einer zellulären Organisation von Proteinkomplexen bis hin zur atomaren Auflösung.

Instrumente

Hochauflösendes & Screening Kryo-Elektronenmikroskop Thermo Fisher Glacios Kryo-TEM
Wir verwenden die Glacios für das Screening und erste hochauflösende Kryo-Elektronenmikroskopie-Studien von Proteinkomplexen und deren übergeordneten Strukturen.

Hochauflösendes Kryo-Elektronenmikroskop JEOL-JEM3200 FSC
Wir verwenden das JEOL-JEM3200 FSC für die hochauflösende Kryo-Elektronenmikroskopie von Proteinkomplexen und deren übergeordneten Strukturen.

Cluster-Infrastruktur
Wir nutzen den IANVS-Hochleistungsrechencluster für die High-End-Bioinformatik biomolekularer Komplexe.

ausgewählte Publikationen

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Top 5 Publikationen

Kastritis PL*, O’Reilly FJ* et al. Capturing protein communities by structural proteomics in a thermophilic eukaryote. Mol Sys Biol. 2017;13: 936.[Der Artikel wurde in Mol Sys Biol. als Titelbild hervorgehoben. Wir wandten Kryo-EM, Proteomik, chemische Vernetzung, Informationen zu biologischen Netzwerken und Computermodellierung an und waren in der Lage, die strukturelle Basis von Wechselwirkungen innerhalb zellulärer C. thermophilum Extrakte aufzuklären. Unter Ausnutzung der Stabilität des Organismus konnte er die hochauflösende Struktur der Fettsäuresynthase mit 4,7 Å aus Zellextrakten darstellen und ihre Beteiligung an einem Metabolon mit einer Carboxylase nachweisen. HALOmem kann diese Methode anwenden, um enzymatische Interaktionen in eukaryontischen Zellen zu verstehen, indem es Biochemie, Computermodellierung, Elektronenmikroskopie und Datenanalyse verwendet].

Visscher KM*, Kastritis PL*, Bonvin AM. Non-interacting surface solvation and dynamics in protein-protein interactions. Proteins. 2015;83(3):445-58.[Dieser Artikel beschreibt die Molekulardynamiksimulationen an transienten Komplexen, um zu verstehen, wie  Solvatisierung und Flexibilität zur Bindungsaffinität beitragen. Fernwirkungen von den äußeren Oberflächen tragen wesentlich zur biophysikalische Parameter der Komplexierung für eine Vielzahl von Proteinkomplexen bei. Simulationen können auf modellierte Grenzflächen zellulärer Metabolonen angewendet werden, um biophysikalische Parameter der Komponenten an schwachen Wechselwirkungen zwischen Enzymen zu verstehen und um zu verfolgen, wie sich diese durch Mutationen oder zwischen Spezies verändern.

Kastritis PL et al. Proteins feel more than they see: fine-tuning of binding affinity by properties of the non-interacting surface. J Mol Biol. 2014;426(14):2632-52.[In dieser bahnbrechenden Arbeit (zitiert in F1000 als außergewöhnlich) wir haben geanalysiert er biophysikalische Beiträge zur Bindungsaffinität von >150 transienten Komplexen mit experimentell verifizierten Bindungsaffinitäten. Wir ermittelten mehrere neue Einflussfaktoren, vor allem über weite Entfernung wirkende elektrostatische Effekte sowie Solvatisierungseffekte, die von den nicht interagierenden Oberflächen dieser Wechselwirkungen herrühren. Solche Berechnungen und das vorgeschlagene Modell können angewendet werden, um einerseits die schwache Natur von Enzymkomplexen zu verstehen, die an der Bildung hochstrukturierter Assemblierungen in  Stoffwechselwegen beteiligt sind, und um andererseits die (nativen und mutierten) Bindungsaffinitäten dieser Komplexe quantitativ zu berechnen. Daraus kann eine Vorhersage der Stabilität der Wechselwirkungen abgeleitet werden.]

Kastritis PL, Rodrigues JP, Bonvin AM. HADDOCK(2P2I): a biophysical model for predicting the binding affinity of protein-protein interaction inhibitors. J Chem Inf Model. 2014;54(3):826-36.[Wir entwickelten ein fundiertes Modell zur Vorhersage der Bindungsaffinität kleiner Moleküle, die die Protein-Protein-Grenzflächen stören oder modulieren. Daher kann dieses Modell mit der enthaltenen Scoring-Funktion zur rechnergestützten Strukturierung von kleinen Molekülen eingesetzt werden, um z.B. die Metabolonbildung in verschiedenen Stoffwechselwegen zu beeinflussen].

Kastritis PL et al. Solvated protein-protein docking using Kyte-Doolittle-based water preferences. Proteins. 2013;81(3):510-8.[Eine robuste, flexible Andocksimulation wurde entwickelt, bei der das Lösungsmittel explizit berücksichtigt wird. Proteine werden flexibel in ihren Solvathüllen angedockt und der hydrophobe Effekt wird durch zufällige Verdrängung von Wassermolekülen aus den gebildeten Grenzflächen mittels eines aus der Aminosäurebiophysik abgeleiteten Hydrophobierungspotentials simuliert. Dieses Protokoll kann direkt verwendet werden, um Bindungsmodi von Metabolonen anzukoppeln und Bindungsmodi zu verstehen, bei denen Lösungsmitteleffekte in solchen transienten Wechselwirkungen eine wichtige Rolle spielen müssen].

Mitarbeiter

Gruppenleiter
Panagiotis L. Kastritis
Jun.-Prof. Dr.

Spezialist für Kryo-Elektronenmikroskopie und Computational Structural Biology

  • 2008 Diplom Biologie, Nationale und Kapodistrias-Universität Athen, Griechenland
  • 2012 Promotion in Chemie, Universität Utrecht, Niederlande
  • 2012-2013 Postdoc Bijvoet Center for Biomolecular Research, Universität Utrecht, Niederlande
  • 2013-2018 Postdoc Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie, Heidelberg
  • seit August 2018 Jun.-Prof., Zentrum für Innovationskompetenz HALOmem, Halle

Telefon
+49 345 5524983

Fax
+49 345 5527408

Email
pk(at)halomem.de , panagiotis.kastritis(at)bct.uni-halle.de

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Annette Meister
PD Dr.

Kryo-EM-Anwendungsspezialist, Spezialist für Kryo-Elektronenmikroskopie und physikalische Chemie von Membranen

Telefon
+49-345-55-25826

Email 
annette.meister(at)chemie.uni-halle.de

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Fotis Kyrilis, M.Sc.
M.Sc. Molekularmedizin

Spezialist für Molekularbiologie und Biochemie

Telefon
+49 345 5524984

Email
fotios.kyrilis(at)bct.uni-halle.de

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Dr. Farzad Hamdi
Ph.D. Materialwissenschaft

Kryo-EM-Ingenieur, Spezialist für den Betrieb von Elektronenmikroskopen

Telefon
+49 345 5524984

Email
farzad.hamdi(at)bct.uni-halle.de

Post-Doc
Dr. Dmitry Semchonok
Ph.D. Biochemie

Spezialist für Kryo-EM und Bildverarbeitung

Telefon
+49 345 5524985

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dmitry.semchonok(at)bct.uni-halle.de

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Christian Tüting, M.Sc.
M.Sc. Biochemie

Biochemiker & Computergestützter Strukturbiologe

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+49 345 5524985

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christian.tueting(at)biochemtech.uni-halle.de

Doktorandin
Lisa Schmidt, M.Sc.
M.Sc. Molekularbiologie

Biochemikerin / Molekularbiologin

Telefon
+49 345 5524986

Email 
lisa.schmidt(at)bct.uni-halle.de

Doktorand
Ioannis Skalidis, M.Sc.
M.Sc. Systembiologie

Biochemie und Kryo-EM-Wissenschaftlerin

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ioannis.skalidis(at)bct.uni-halle.de

Doktorand
Kevin Janson, M.Sc.
M.Sc. Biologie

Membran Biophysiker

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